Raspberry Pi 5 vs. Radxa ROCK 5A. Der Bericht eines Ingenieurs

Die Tech-Landschaft des Jahres 2023 entfaltete sich mit unerwarteter Aufregung und enthüllte den ROCK 5 der nächsten Generation sowie die Veröffentlichung des lang erwarteten Raspberry Pi 5. Das weckte das Interesse von Technikbegeisterten, die sehnsüchtig darauf warteten, die Boards in die Hände zu bekommen und mit der Entwicklung unvergleichlicher, innovativer Projekte zu beginnen. Um Ihnen die Entscheidung für das richtige Board für Ihr spezielles Projekt zu erleichtern, haben wir Peter Milne, einen Ingenieur und Linux-Befürworter, gebeten, die Zügel in die Hand zu nehmen und die technischen Daten und die Leistung zu überprüfen.
In diesem Testbericht zum Raspberry Pi 5 erfahren Sie, wie seine technischen Daten im Vergleich zum Radxa ROCK 5A, einer perfekten Pi 5-Alternative, aussehen. Tauchen wir ein in das Herz der SBC-Innovation!
2023 war ein aufregendes Jahr für Single Board Computer, zuerst mit der Veröffentlichung des ROCK 5A (257-3560) von Radxa, gefolgt von der Einführung des Raspberry Pi 5.
Beide Boards bieten einen Leistungssprung für SBCs im Scheckkartenformat, aber wie zu erwarten, bekommt man weit mehr für sein Geld, wenn man in das ROCK 5A investiert.
In diesem Testbericht habe ich das ROCK 5A und den RPi5 getestet, um Ihnen zu zeigen, warum.

Technisches

Hier sind die Specs

System auf einem Chip (SoC)

Beginnen wir mit dem SoC, das den größten Unterschied zwischen den beiden Boards darstellt.

Das ROCK 5A basiert auf dem Rockchip RK3588S SoC und hat 8 Arm-Kerne. 4x Cortex-A76 Kerne plus 4x Cortex-A55 Kerne, die die big.LITTLE Technologie von Arm mit DynamicIQ nutzen.

RPi5s Broadcom BCM2712 SoC hat nur 4 Arm Cortex-A76 Kerne, die gleichen wie die großen Kerne im ROCK 5A.

Der RK3588S SoC verwendet außerdem den neuesten 8nm-Silizium-Die-Prozess im Vergleich zur älteren 12nm-Lithografie des BCM2712.

Die big.LITTLE-Technologie von Arm und DynamicIQ passt die Rechenlast an die entsprechenden CPU-Kerne an. Die big-Prozessoren sind auf maximale Geschwindigkeit und anhaltende Rechenleistung ausgelegt, während die LITTLE-Prozessoren auf maximale Energieeffizienz ausgelegt sind.

Es ist diese Technologie der nächsten Generation, die dem ROCK 5A mehr als das Doppelte der Leistung des RPi5 bei schweren Rechenaufgaben verleiht und das Geheimnis für seine hohe Energieeffizienz ist.

Wie funktioniert DynamicIQ? Schauen Sie dieses kurze Video von Arm.

Aber wie sieht das im wirklichen Leben aus? Ich habe das auf die Probe gestellt, indem ich beide Boards etwas zum Nachdenken gebracht habe, indem ich ihre Kerne mit ein paar Python-Zahlenberechnungen voll ausgelastet habe, um zu sehen, wie lange jedes Gerät für eine Reihe von rechenintensiven Aufgaben benötigt.
Hier ist das Python-Skript, das ich verwendet habe. Es führt eine Reihe von Aufgaben, in diesem Fall die Summe der Quadrate, in einem separaten Python-Prozess aus und weist jede Aufgabe dem nächsten verfügbaren Kern zu, wobei ein Multiprocessing-Pool verwendet wird.
Wenn eine Aufgabe abgeschlossen ist, wird die nächste Aufgabe aus dem Pool zugewiesen, bis alle Aufgaben abgeschlossen sind. Auf diese Weise werden alle CPU-Kerne zu 100 % ausgelastet, wobei die Summe mit fortschreitender Berechnung immer größer wird:

import sys, os, math
from multiprocessing import Pool
from datetime import datetime

def task(n):
    return sum([i**2 for i in range(1, n + 1)])

num_cores = os.cpu_count()  # Use all CPU cores
start_time = datetime.now()

with Pool(num_cores) as pool:
    results = pool.map(task, range(40000))

print(f'Elapsed time: {datetime.now() - start_time}')

Um die Dinge so fair wie möglich zu gestalten, installierte ich Docker auf jedem 4 GB RAM-System anhand der Anweisungen auf der Docker-Website. Siehe die Docker Debian-Installation hier. Dann habe ich auf jedem Board ein Image erstellt, bevor ich den Code in den Containern ausgeführt habe.

Dies bedeutete, dass auf jedem Board die gleiche aktuelle Python-Version lief, die für die neueste CPU-Hardware optimiert sein sollte.

Die Bilder zeigen die Ergebnisse, und wie zu erwarten war, ist der ROCK 5A mehr als 2x schneller als der RPi5.

ROCK 5A Leistungsergebnis:

Raspberry Pi 5 performance Ergebnis

Dies ist zwar nur ein Beispiel, aber die Ausführung von Python-Berechnungen in Docker und die Verwendung von Prozesspools ist eine typische Anwendung für wissenschaftliche Berechnungen, maschinelles Lernen, Bildverarbeitung und IoT-Gateway-Anwendungen, für die diese Boards geeignet sind.
Sie können sich den gesamten Prozess auf Video ansehen, was noch ein bisschen spannender ist.

SD / eMMC

Die Achillesferse des Raspberry Pi war schon immer seine Abhängigkeit von SD-Karten zum Speichern des Betriebssystems und der Daten, wenn man eine kompakte physische Grundfläche beibehalten will, ohne externen Speicher über USB-Adapter hinzufügen zu müssen.

Während SD-Karten während der Entwicklung praktisch sind, sind sie nicht wirklich für den Einsatz in SBCs über längere Zeiträume mit häufigen Lese-/Schreibzyklen ausgelegt, was sie innerhalb weniger Wochen beschädigen kann. Außerdem sind sie recht empfindlich, unterliegen Vibrationen und können leicht beschädigt werden, da sie aus dem Rand der Platine herausragen.

Sie können SD-Karten auf dem ROCK 5A verwenden, aber Sie haben auch die Möglichkeit, das Betriebssystem von einem speziell für diesen Zweck entwickelten eMMC-Speicher auszuführen. Dies sorgt für eine schnellere, sicherere und dauerhafte Leistung. Die Module werden zur Sicherheit mit einem standardmäßigen Board-to-Board-Anschluss an der Unterseite der Platine befestigt und sind mit Kapazitäten von 16 GB / 32 GB / 64 GB / 128 GB erhältlich. Das gesamte Sortiment an ROCK Speicherzubehör finden Sie hier (256-5007) .

ROCK 5A mit 16GB eMMC 5.1 Modul:

Raspberry Pi hat die SDIO-Leistung der SD-Schnittstelle des RPi5 deutlich verbessert, aber sie ist immer noch nicht annähernd so schnell wie die eMMC-Leistung des ROCK 5A.

Ein Lesetest mit Hdparm zeigt, dass der ROCK 5A fast 3x schneller ist als der RPi5, zusätzlich zu all den anderen Vorteilen von eMMC-Medien.

Raspberry Pi 5 mit SD-Karte:

ROCK 5A mit eMMC Modul

PCI Express / NVMe / M.2

Neben der Ergänzung des Power-Buttons auf dem RPi5, den das ROCK 5A bereits hat, gibt es nun auch einen speziellen PCIe-Anschluss am Boardrand. Damit ist die Hoffnung verbunden, dass NVMe-SSDs direkt an den Bus angeschlossen werden können, was eine bootfähige, dauerhafte Speicherung mit großer Kapazität ermöglicht. Im Moment hat Raspberry Pi die Spezifikation für diese Schnittstelle jedoch noch nicht veröffentlicht, so dass sie noch nicht verwendet werden kann.

Der ROCK 5A hat einen Standard M.2 E-Key PCIe-Steckplatz auf der Oberseite des Boards, und Radxa stellt eine kostengünstige Adapterkarte her, die den Anschluss von NVMe-SSDs in den Formaten 2230/2242/2260/2280 ermöglicht. Es wird mit einem 16MB SPI-Flash-Modul geliefert, das das Booten von NVMe-SSDs, USB-Laufwerken und SATA-SSDs/HDDs mit den Adaptern unterstützt.

ROCK 5A mit Adapter und bootfähiger 128GB NVMe SSD:

WiFi/Bluetooth

Beide Boards verfügen über einzelne Gigabit-Ethernet-Ports, aber der RPi5 hat auch ein eingebautes Dual-Band 802.11ac Wi-Fi® 5 / Bluetooth 5.0 / Bluetooth Low Energy Funkmodul mit einer PCB-Antenne.

Wenn Sie WiFi oder Bluetooth auf dem ROCK 5A benötigen, unterstützt der M.2 E-Key-Slot Dual-Band 802.11a/b/g/n/ac/ax Wi-Fi 6 / Bluetooth 5.2 / Bluetooth Low Energy Module. Diese sind mit externen Antennen ausgestattet, so dass das Board problemlos in Metallgehäuse eingebaut werden kann, ohne dass die Funkreichweite beeinträchtigt wird.

ROCK 5A mit WiFi 6 / Bluetooth 5.2 Modul und externen Antennen:

Video - 4K, sogar auf YouTube

Der RPi5 verfügt über einen neuen Broadcom VideoCore VII Grafikprozessor, der dieselben OpenGL ES 3.1 und Vulkan 1.2 3D-Grafik-API-Standards unterstützt, die auch der ROCK 5A Arm Mali™ G610MC4 Grafikprozessor verwendet, so dass Sie von beiden Boards eine fantastische 4Kp60 3D-Videoleistung erhalten.

Der Unterschied besteht jedoch darin, dass einer der ROCK 5A HDMI-Adapter eine Auflösung von bis zu 8Kp60 unterstützt und die Mali GPU H.265, H.264 und VP9 dekodieren kann, die von YouTube für 4K und höhere Videoinhalte verwendet werden.

Der RPi5 hingegen unterstützt nur H265-Hardware-Dekodierung. Das bedeutet, dass es nur 1080p-Videos im Browser wiedergeben kann.

Auf kleineren Monitoren fällt das vielleicht nicht so auf, aber je größer der Bildschirm ist, desto deutlicher wird die 4K- oder 8K-Auflösung. Ein wichtiger Faktor, wenn Sie die Boards für Digital Signage oder Medienzentren verwenden.

Sie müssen den Unterschied wirklich in der Realität sehen, aber hier sind ein paar Clips von WebGL-Samples, die zeigen, dass der ROCK 5A mit 60fps laufen kann, verglichen mit der besten Leistung des RPi5 mit knapp über 30fps

RPi5 WebGL Aquarium – 1000 Fische bei ~30pfs:

RPi5 WebGL Aquarium – 1000 Fische bei ~60pfs:

Betriebssystem

Beide Boards unterstützen eine Vielzahl von Betriebssystemen, so dass es immer etwas für Ihre Bedürfnisse gibt, wenn Sie bereit sind, über die offizielle Unterstützung hinauszugehen.

Der RPi5 unterstützt offiziell nur PiOS, ein spezielles Derivat von Debian. Das Beste daran ist, dass es die neueste stabile Version ist, Bookworm, und mit einem 6.1 Linux-Kernel kommt.

Radxa unterstützt Debian, Ubuntu Server und Android 12. Sie verwenden das ältere Debian Bullseye und haben den bewährten Kernel 5.10. Wenn Sie eine neuere Version benötigen, gibt es ein spezielles Build-Tool, mit dem Sie die neueste und beste Version bauen können, aber es ist technisch.

Es ist das Tool, das Radxa für die Erstellung ihres eigenen Betriebssystems verwendet und das ständig aktualisiert wird, wobei auf alle auftretenden Probleme schnell reagiert wird. Sie können das Radxa-Build-Tool hier aufrufen.

Desktops

KDE ist der Standard-Desktop auf dem ROCK 5A. Dies ist eine moderne, voll funktionsfähige Umgebung mit allen Systemverwaltungswerkzeugen, die Sie benötigen, ohne auf die Kommandozeile zurückgreifen zu müssen, wenn Sie das nicht wollen.

Der Xfce-Desktop, der standardmäßig auf dem RPi5 installiert ist, ist eine gute, leichtgewichtige Umgebung, die für weniger leistungsstarke Prozessoren geeignet ist.
Sie können KDE auf dem RPi5 installieren, und es läuft gut auf beiden Boards, aber es ist nicht einfach, es auf dem RPi5 zu installieren, es sei denn, Sie können die Kommandozeile benutzen.

NPU - KI/ML

Der letzte Punkt, den ich erwähnen möchte, ist die KI/ML-Fähigkeit - ein heißes Thema.

Beide Boards sind schnell genug, um viele nicht-hardwarebeschleunigte Machine-Learning-Anwendungen wie OpenCV auszuführen, die ich getestet habe. Dabei wird die CPU für die Objekterkennung und Inferenzierung genutzt.

ROCK 5A Gestenerkennung:

Wenn Sie eine sehr schnelle Objektklassifizierung und Erkennung von Live-Videostreams benötigen, wie z. B. Nummernschilderkennung oder Personen- und Fahrzeugverfolgung, müssen Sie eine spezielle Hardwarebeschleunigung verwenden.
Diese kann dem RPi5 mit TPU-Beschleunigern wie dem Coral Board (201-7821) als Add-on hinzugefügt werden, aber das ist aufgrund der Leistungseinbußen nicht ideal.
Der ROCK 5A hat eine eingebaute NPU-Einheit in seiner Rockchip RK3588S CPU, die bis zu 6 TOPS (Coral ist 4 TOPS) mit Unterstützung für PyTorch, TensorFlow, Caffe, ONNX und YOLO bietet.

Dies sind alles Frameworks für den Aufbau von Deep-Learning-Modellen, einer Art des maschinellen Lernens, die häufig in Anwendungen wie Bilderkennung und Sprachverarbeitung eingesetzt wird.

Radxa stellt das SDK für den Zugriff auf die NPU im Rockchip RK3588S mit Beispielen für die oben genannten Frameworks hier zur Verfügung.

Zusammenfassung

Wenn Sie wie ich ein SBC-Enthusiast sind, werden Sie die Arbeit mit den RPi5- und ROCK 5A-Boards genießen, da sie zur Spitze ihres Spiels gehören.

Der Raspberry Pi ist billiger, aber er ist auf Kosten gebaut, während der ROCK 5A auf Leistung ausgelegt ist und alles und mehr hat, was man von einem Next-Gen-Board erwarten kann.

Wie man in Großbritannien sagt: "Du zahlst dein Geld und du hast die Wahl".

Pete Milne

Technische Referenz

• ROCK 5 Model A Product Brief
• Raspberry Pi 5 Specification