Wie kann man per KI bauliche Mängel an Brücken erkennen?
Brückeneinstürze sind katastrophal und enden oft tödlich. Doch die herkömmlichen Methoden zur Fehlererkennung sind viel simpler, als oft angenommen wird. Resonanzprüfungen sind eine Möglichkeit, Fehler in Betonstrukturen wie etwa Brücken zerstörungsfrei zu finden. Dabei wird der akustische Eindruck von Menschen interpretiert. Eine komplexere Methode ist der Einsatz künstlicher Intelligenz. Die Techniken, mit denen KI Brückenfehler identifiziert, sind unterschiedlich.
Bei Resonanzprüfungen wird eine Kette über den Beton gezogen und auf akustische Anzeichen von Brüchen oder Aushöhlungen geachtet. Diese können auf Mängel hindeuten, da intakter Beton immer ein ganz bestimmtes Geräusch abgibt. Diese Methode ist jedoch zeitaufwändig und subjektiv. KI könnte hier für mehr Sicherheit und optimierte Prozesse sorgen.
Mehr als 200.000 Brücken in den USA in schlechtem Zustand
Die Brückenwartung unterscheidet sich je nach zuständiger Behörde. Meist basiert sie jedoch auf reaktiven Methoden. Der Prozess beginnt mit regelmäßigen Kontrollen, zwischen denen in den Vereinigten Staaten allerdings bis zu 72 Monate vergehen können. Der weitere Ablauf hängt dann davon ab, was die Fachleute feststellen. Wie schnell Mängel behoben werden, hängt dabei von ihrer Schwere und auch vom Budget der zuständigen Behörde ab.
Allerdings kann sich der große zeitliche Abstand zwischen den Brückenkontrollen als problematisch erweisen. Ein Bericht der American Road & Transportation Builders Association aus dem Jahr 2021 besagt denn auch, dass 36 % aller Brücken in den USA erhebliche Reparaturen oder Neubauten erfordern. Das sind insgesamt fast 224.000 Bauwerke. Noch besorgniserregender ist allerdings, dass 167,5 Mio. Überfahrten mit dem Auto auf "strukturell mangelhaften" Brücken stattfinden.
Die gute Nachricht: Zwischen 2020 und 2021 gab es 3,2 % weniger Brücken in schlechtem Zustand. Laut Studie würde es jedoch über 30 Jahre dauern, alle erforderlichen Reparaturen durchzuführen.
Und auch die derzeitigen Inspektionsmethoden erscheinen unzureichend. So kam es an einer Brücke über den Mississippi zu einem massiven Riss, der laut Amateuraufnahmen bereits mindestens seit 2016 existierte. Dieser wurde bei den jährlichen Inspektionen aber erst mehrere Jahre später festgestellt, und die Reparaturarbeiten begannen sogar erst 2021.
Ein Inspektor wurde deshalb entlassen. Könnte KI hier vielleicht Vorteile bieten? Einige Forscher und Unternehmen nehmen das zumindest an. Die Technik steht zwar noch ganz am Anfang, ist aber einen Versuch wert.
Australische Behörden testen Brückeninspektion per KI
Die aktuellen Methoden zur Brückeninspektion können mehrere Tage in Anspruch nehmen und erfordern oft Straßensperrungen. Verkehrsbehörden im australischen New South Wales glauben jedoch, dass KI den Inspektionsprozess beschleunigen könnte. Deshalb haben sie kürzlich einen dreiwöchigen Test mit KI-fähigen Drohnen durchgeführt Die Behörde ist für 4.000 Brücken in New South Wales zuständig. Es überrascht kaum, dass die Verantwortlichen nach praktischeren und verlässlicheren Verfahren suchen, um die Brückenwartung schneller, sicherer und störungsfreier zu gestalten.
In diesem Fall überfliegen Drohnen die Brücken und nehmen Bilder in 4K-Qualität auf. Die Drohnen erstellen außerdem 3D-Karten der Brückenumgebung. Einige Experten glauben, dass dieses Verfahren eine wichtige Rolle bei der statischen Prüfung von Brücken nach Naturkatastrophen spielen könnte. Die Projektbeteiligten haben zudem wasserdichte Drohnen trainiert. Diese sollen die Inspektion auch bei Regen und an unter Wasser liegenden Strukturen ermöglichen..
KI erkennt Brückenmängel schneller als der Mensch
Einer der Hauptvorteile der KI ist, dass sie Dinge erkennt, die Menschen zunächst entgehen. Das gelingt ihnen meist dank der Auswertung gigantischer Datenmengen in relativ kurzer Zeit. Das Unternehmen Dynamic Infrastructure wertet zum Beispiel Prüfberichte mit KI-Algorithmen aus, um veränderte und neu aufgetretene Mängel zu ermitteln.
Die Mitarbeiter haben das Verfahren kürzlich an Brücken in den USA, Schweden und Australien getestet. Dabei verglichen sie die Befunde der KI mit denen der Ingenieure. Das Ergebnis: Der Algorithmus fand fast 91 % der gravierenden und über 99 % der weniger gravierenden Mängel. Dabei war er schneller als der Mensch.
Der kann dann innerhalb weniger Minuten die Ergebnisse analysieren und entscheiden, welche Mängel priorisiert werden. Bei der Studie kam KI zur Untersuchung von Stahl- und Betonbrücken in verschiedenen Altersklassen und Klimazonen zum Einsatz und konnte Brückenmängel mit gleichbleibendem Erfolg erkennen. Damit bietet sie eine gute Alternative zu etablierten Verfahren − insbesondere bei Personalmangel.
KI ist aber keineswegs immer die richtige Wahl. Schließlich braucht es riesige Datenmengen und viel Zeit, um die Modelle richtig zu trainieren. Das lohnt sich aber vor allem dann, wenn die aktuellen Methoden ohnehin verbessert werden müssen.
KI und andere neue Verfahren
Neben der KI gibt es noch andere neue Technologien in diesem Bereich. Und deren Kombination könnte völlig neue Möglichkeiten eröffnen.
So kann eine schlechte Beleuchtung die Sicherheit beeinträchtigen und die Produktivität verringern. Das gilt weltweit − und nicht zuletzt auch für Brücken. Die Brückenbeleuchtung diente ursprünglich dem Zweck, Unfälle auf Brücken zu vermeiden. Doch schon vor einigen Jahrzehnten haben sich hier wesentliche Veränderungen ergeben. Zum Beispiel können einige Brückenleuchten ihre Helligkeit je nach Tageszeit herauf- und herunterregeln.
Viele Leuchten verfügen zudem über eine Internetverbindung und melden ihren Status an ein zentrales Dashboard. Wenn dann ein Wetterereignis eine Brückenleuchte beschädigt oder sie einfach nicht mehr funktioniert, werden die zuständigen Personen sofort benachrichtigt.
Diese bessere Beaufsichtigung harmoniert gut mit den Möglichkeiten der KI bei der Erkennung von Brückenmängeln. In Großbritannien sollen Brücken künftig ganz ohne Straßensperrung gewartet werden. Und dieses Ziel soll mithilfe von KI erreicht werden. Die Projektbeteiligten haben ihren Algorithmus dazu mit Bildern verschiedener Brückenmängel trainiert. Innerhalb eines Jahres sammelten die Forscher 25.000 Aufnahmen als Trainingsdaten. Sie hoffen, dass die KI so Mängel finden und nach Schweregrad klassifizieren kann.
Die bereits erwähnten vernetzten Brückenleuchten helfen bei der Behebung von Ausfällen. In ähnlicher Weise könnte dieses Projekt bei der Wartungsplanung und der Vermeidung von Straßensperrungen helfen. Das Projekt läuft drei Jahre. Es wird also noch eine Weile dauern, bis die Ergebnisse vorliegen. Trotzdem erscheint das Vorhaben vielversprechend.
KI könnte Brücken sicherer machen
Brücken sind ein wichtiger Bestandteil der Infrastruktur, die Menschen miteinander vernetzt. Doch konventionelle Inspektionsmethoden erfordern oft Straßenschließungen und übersehen immer wieder gravierende Mängel. Verkehrsexperten untersuchen deshalb, ob KI hier dringend benötigte Verbesserungen liefern könnte. Ihre Untersuchungen befinden sich noch in der Anfangsphase, dürften aber zweifellos wertvolle Erkenntnisse liefern.
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