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Klassische Automatisierung trifft auf die fremde Welt der IT: Teil 4

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Zuerst einmal möchte ich erklären, in welcher Welt ich mich geistig zu Hause fühle. In meiner Einführung zu Teil 1 habe ich von meinem Werdegang erzählt: Als ich ein Junge war, habe ich gerne mit Elektronikteilen gespielt. Mit sechzehn habe ich dann mit Mikroprozessortechnologie angefangen. Mein erstes Programm war eine Mondlandungssimulation auf einem KIM (Motorola 6500) mit einer Hex-Tastatur und einer sechsstelligen Sieben-Segment-Anzeige (zwei Stellen für den Inhalt und vier Stellen für die Adresse). Ich musste fast das gesamte 1-KB-Maschinensprachprogramm (Adresse für Adresse) über die Hex-Tastatur eingeben. In diesen Zeiten, als die private IT-Nutzung noch in den Kinderschuhen steckte, war es für die Gemeinschaft der „Bastler“ enorm wichtig, Erfahrungen und Wissen mit anderen zu teilen. Da wir nicht mit dem Internet und Google gesegnet waren, mussten wir Zeitschriften lesen oder uns in „Computerclubs“ treffen, um unsere Kenntnisse zu erweitern.

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Viele dieser „Frühaufsteher“ haben diese Weitergabe von Wissen kultiviert und ihre Nachfolger haben den Staffelstab übernommen, wenngleich manche (wie Steve Jobs) einen anderen Weg wählten. Daher brachte diese IT-Generation hervorragende und sehr beliebte Softwareprodukte und Hardwareplattformen mit Open Source hervor: Linux, Ubuntu, Arduino, Open Office, VLC Media Player, Mozilla Firefox, Perl, Apache HTTP Server. 1998 gründeten Raymond, Perens und O'Reilly (der ein Verlagsunternehmen besaß) die Open Source Initiative (OSI) und etablierten Lizenzmodelle zur legalen Nutzung derartiger Software. Damals erkannten große Unternehmen wie IBM und HP das Potenzial der Open-Source-Mentalität. Sie glauben vielleicht, dass es bei Open Source nur um die Großzügigkeit an sich geht. Für die Verwendung von Open Source gibt es jedoch noch viele andere Gründe, sogar finanzielle: schnelle Eroberung des Marktes gegen starke Mitbewerber, Nutzung der „Schwarmintelligenz“ einer weltweiten Community oder Bewältigung des Arbeitsaufwands bei Projekten, die kleine Unternehmen nicht finanzieren könnten.

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Die moderne IT wäre ohne Open-Source-Projekte und Gemeinschaftsarbeit nicht möglich. Sogar in ausgesprochen sensiblen Bereichen wie der Sicherheitstechnologie ist Open Source das bevorzugte Modell. Das liegt daran, dass die weltweite Gemeinschaft innerhalb kurzer Zeit jede Systemschwachstelle findet und sich daher hervorragend als Kontrollinstanz zum Aufspüren versteckter Hintertüren usw. eignet.

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Als ich zum ersten Mal mit der Automatisierungsbranche zu tun hatte (in der Automobilindustrie war es noch schlimmer), musste ich diese Einstellung ändern und mein Wissen verbergen, statt es weiterzugeben. Sehr gut bezahlte Ingenieure entwickeln über viele Jahre hinweg mit kostspieligen Softwaretools ausgeklügelte Maschinen. Wenn ein solches Gerät reibungslos funktioniert, wird es nur ein paar Hundert oder Tausend (sehr selten Millionen) Mal verkauft und kostet oft ein Vermögen. In der Regel funktionieren die verkauften Produkte jahrzehntelang. Wer solch eine geniale Maschine kopiert, spart sich all diese Investitionen und daher schützen die Hersteller ihr geistiges Eigentum. Manchmal geschieht dies durch Patente (was bei IT-Produkten nur selten möglich ist) und manchmal, indem man wichtige Geheimnisse verbirgt. Die F&E-Abteilungen werden vom Rest der Welt isoliert und der Wissensaustausch über das Internet ist nicht nur unerwünscht, sondern streng verboten.

Ich bin überzeugt, dass auch in der Automatisierungsbranche eine andere Denkweise möglich wäre. Denken wir nur an die Technologie des 3D-Drucks, die sich ohne die Weitergabe von Informationen in einer Community nie so schnell entwickelt hätte. Stellen Sie sich vor, die Automatisierungsbranche oder gar die Automobilindustrie würden ihre Einstellung ändern: Wenn Millionen Mitglieder der weltweiten Community ihre Erfahrungen und ihr Wissen teilen, könnte es einen enormen Innovationsschub geben.

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Ich habe versucht, einen kleinen Teil zu dieser Entwicklung beizutragen, als ich das Gefühl hatte, die Zeit wäre reif für eine Revolution: den Revolution Pi, ein industrielles Open-Source-Projekt, das ich als Entwickler bei KUNBUS in die Wege geleitet habe. Wir wollten für die Automatisierungsbranche eine zuverlässige und widerstandsfähige Raspberry-Pi-Version, die den branchenüblichen Normen entspricht und über alle 24-V- und 4–20-mA-Schnittstellen verfügt. Ich konnte das Management davon überzeugen, alle Quellcodes und Schaltpläne der Hauptplatinen offenzulegen. Das Projekt ist bisher ein großer Erfolg. Ich durfte die Erfahrung machen, auf die viele junge Ingenieure mit großer Spannung warten: Aus der in sich geschlossenen und eigenständigen Welt einer großen Marke ausbrechen und die Freiheit zur Umsetzung eigener Visionen in einer weltweiten Gemeinschaft erhalten. Aber auch hier wurde mir der „Kampf der Kulturen“ bewusst, als ich mit Managern sprach, die eher traditionell gestimmt waren und glaubten, der einzige Weg, Geld zu verdienen, bestünde im Schutz des geistigen Eigentums.

Vor allem auf dem IIoT-Markt müssen diese beiden Denkweisen oft eine Verbindung eingehen. Ohne Open Source ist es fast unmöglich, Daten in die Cloud zu übertragen und mit internetgestützten Tools zu nutzen. Ich persönlich pflege ein Netzwerk von Kollegen, die ähnlich wie ich an die Weitergabe von Wissen glauben. Ich bin davon überzeugt, dass sich meine Visionen nur durch weltweite Zusammenarbeit umsetzen lassen. Wenn es um Profit geht – nun, der Kuchen ist groß genug für uns alle. IoT ist der größte Markt, den man sich denken kann, und es gibt dort so viele verschiedene Felder und Bereiche, dass jeder eine Möglichkeit finden wird, die Produkte zu vermarkten, die er entwickelt. Außerdem verändert sich der Markt sehr schnell und selbst (oder vor allem) sehr große Unternehmen können nicht schnell genug darauf reagieren und rechtzeitig relevante Produkte entwickeln. Meiner Ansicht und Erfahrung nach ist Zusammenarbeit der einzige Weg, der auf diesen milliardenschweren Markt führt.

Ich liebe DesignSpark, weil es auf dem Geist der Community beruht. Ich würde gerne mit Ihnen über meine Ideen sprechen, also teilen Sie uns Ihre Meinung mit! Gerne möchte ich diese Artikelserie mit dem Motto beenden, das ich für Revolution Pi kreiert habe und das auch mein persönlicher Wahlspruch ist:

Nicht bloß einfordern – selbst machen!

Vorherige Teile:

Volker de Haas started electronics and computing with a KIM1 and machine language in the 70s. Then FORTRAN, PASCAL, BASIC, C, MUMPS. Developed complex digital circuits and analogue electronics for neuroscience labs (and his MD grade). Later: database engineering, C++, C#, industrial hard- and software developer (transport, automotive, automation). Designed and constructed the open-source PLC / IPC "Revolution Pi". Now offering advanced development and exceptional exhibits.